2.5. Die Geschichte der Landwirtschaft

 

Der folgende Text beschäftigt sich mit den strukturellen Veränderungen in der Landwirtschaft und deren Auswirkungen auf die dörflichen Strukturen vom Beginn dieses Jahrhunderts bis zur Gegenwart. Der Bezugsraum ist hauptsächlich Nordostdeutschland.

 

Die Landwirtschaft in den Jahren 1913-45

 

Die Situation vor dem 1. Weltkrieg

Das wichtigste Ziel der deutschen Landwirtschaft sah man in der Ertragssteigerung. Die bessere Versorgung der Bevölkerung mit agrarischen Erzeugnissen und die Einschränkung von Nahrungsmittelimporten waren dabei die wichtigsten Antriebsmomente. Dies konnte auch damals nur mit umfassenden Investitionen geschehen, welche in den verschiedenen Agrarregionen in unterschiedlichem Umfang erfolgten. Unterentwickelte Regionen (z.B. Ostpreußen) waren besonders auf finanzielle Hilfe angewiesen. So gab es diverse Fördermaßnahmen (z.B. Förderung der landwirtschaftlichen Vereine und der Landkultur; Mittel zur Förderung der Pferde-, Rindvieh-, Schaf- u. Schweinezucht sowie des Molkereiwesens). Der Wandlungsprozeß vom Agrar- zum Industriestaat hatte den Anstieg des Anteils der städtischen Bevölkerung zur Folge. Die Nachfrage an Milch und Milcherzeugnissen erhöhte sich. Der selbständige Zellencharakter der landwirtschaftlichen Betriebe ging verloren und die Verflechtung mit den volkswirtschaftlichen Märkten nahm zu. Der steigende Geldbedarf in der LW machte eine Ausschöpfung aller Einkommensquellen erforderlich. Gemeinsame Interessen entwickelten sich und ließen im Bereich der Milchwirtschaft Genossenschaften entstehen. Außerdem setzte mit dem  „Gesetz über einen einmaligen außerordentlichen Wehrbeitrag“ und damit der Bodenschätzung die Vermögensbesteuerung durch das Reich ein; Wohn- und Wirtschaftsgebäude blieben unberücksichtigt.

Bei den landwirtschaftlichen Betrieben gab es hinsichtlich Größe und regionaler Verteilung sehr große Unterschiede. Klein- und Kleinstbetriebe dominierten im Westen/Südwesten Deutschlands; hier führte die traditionelle Realerbteilung über lange Zeiträume hinweg zur Zersplitterung der Betriebe. Großbetriebliche Strukturen in Mittel/Ostdeutschland sind über lange Zeiträume entstanden und führten zu einer gutsherrschaftlichen Struktur. Die Elbe als grobe Trennungslinie zwischen dem Alt- und Neusiedelland kann man hier auch als Strukturgrenze sehen. Hinzu kamen die Eigentums- u. Pachtverhältnisse. Trotz der Dominanz von Großbetrieben in Ostdeutschland war ihr Pachtanteil sehr gering. Der größte Anteil des Pachtlandes entfiel hier auf die Domänen. Die Domänen hatten im Osten schon seit einigen Jahrhunderten eine große Bedeutung und waren ursprünglich Eigentum des Landesherren. Später wurden sie in Staatseigentum überführt. Als stabile Einnahmequelle für den Fiskus sollten die Domänen darüber hinaus eine Vorbildfunktion für die Entwicklung der gesamten LW haben. In einigen Teilen spielten auch die „Majoratsbetriebe“, die von Fideikomissen verwaltet wurden, eine große Rolle. Sie waren eine besondere Form des gebundenen Grundbesitzes und wurden als Relikt aus vergangenen Zeiten betrachtet. Sie hatten einen bestimmten Zweck: Das land.-, u. forstwirtschaftlichen Vermögen sollte geschlossen erhalten und ungeteilt nach fester Ordnung vererbt werden. Die ca. 80 Fideikomisse in Ostpreußen besaßen kurz vor deren Auflösung 1919 Betriebe von 1000-5000 ha. Die „adligen Rittergüter“, deren Herkunft auch weit zurück liegt, waren ebenso regional unterschiedlich verteilt. Sie besaßen mehrere Privilegien, von denen nur eines bis 1927 erhalten blieb: der eigene Gutsbezirk. Damit waren aber auch soziale Verpflichtungen gegenüber bedürftigen und nicht arbeitsfähigen Einwohnern verbunden.

Durch die Land – Stadt - Flucht nahm die Zahl der Erwerbstätigen im ländlichen Raum ab. Gleichzeitig wurde durch die Einführung der Hackfrüchte in die Bodennutzungsfolge in einigen Gebieten ein zusätzlicher Bedarf an Arbeitskräften nötig. Der Arbeitskräftebedarf im Rübenanbau war 3-4mal so hoch wie bei der bisherigen Dreifelderwirtschaft mit dominierendem Getreideanbau. Diese nur für April bis November verfügbaren Arbeitskräfte (als „Sachsengänger“ bezeichnet) kamen meist aus kleinbäuerlichen Betrieben und taten sich zu Kolonnen zusammen (aus dem Netze-, Warthe- u. Odergebiet, Schlesien, dem Eichsfeld u.a.). Ihre eigenen Betriebe führten die daheimgebliebenen Familienmitglieder weiter. Die Abwanderung in die Industrie und der ständig steigende Arbeiterbedarf führten zur Heranziehung auch ausländischer Arbeiter in großer Zahl (Rußland, Polen, Mähren, Galizien, Italien). Ein chronischer Mangel an Arbeitskräften herrschte seit jeher in Ostdeutschland, so daß ausländische Saisonarbeiter in Ostpreußen schon immer von Bedeutung waren.

 

Bodennutzung/Pflanzenproduktion, Viehwirtschaft, Mechanisierung/Chemisierung

 

Die vier Hauptgetreidearten (Roggen, Hafer, Weizen, Sommergerste) waren in allen Staaten und Landesteilen vertreten. Beim Kartoffelanbau war der Osten (Ost- u. Westpreußen, Brandenburg, Pommern, Schlesien) das Hauptproduktionsgebiet. Da in diesen Regionen aber nur ca. 30% der dt. Bevölkerung lebte, war es auch das Hauptüberschußgebiet und wurde so zur Bedarfsdeckung anderer Regionen herangezogen. Die Gespinstpflanzen erlagen der russischen Konkurrenz sowie der Baumwolle und wurden auch von rentableren Kulturen verdrängt. Mit dem Aufkommen von Petroleum, Mineralölen, Leuchtgas und der Elektrizität sowie dem Anstieg der Einfuhr subtropischer/tropischer Ölfrüchte sank der Bedarf an einheimischen Ölfrüchten, so daß deren Anbau stark rückläufig war.

Durch die Unterversorgung mit pflanzlichen Ölen und Fetten erlangte die Versorgung mit tierischen Fetten eine immer größere Bedeutung, so daß sich der Schweinebestand seit 1873 beträchtlich erhöhte. Schon um die Jahrhundertwende gab es zahlreiche Schweinemastbetriebe als Gewerbebetriebe (d.h. ohne eigene Futterbasis) bei Hafenstädten bzw. schiffbaren Flußläufen (Fütterung mit billiger Auslandsgerste u. Fischmehl). Die Veränderung der Bodennutzungsstruktur in der 2. Hälfte d. 19.Jhd. war Grundlage für die Bildung größerer Milchviehbestände. Der Pferdebestand verringerte sich. Aufgrund der stark expandierenden Überseeschafzucht (Australien, Argentinien, Kapkolonie von Südafrika) mit ihrem geringen Kapitaleinsatz hat sich auch die Schafzucht seit Mitte des 19.Jhd. ständig verringert. Hinzu kam die rasante Entwicklung des internationalen Transportwesens (Dampfschiffahrt, Eisenbahn) sowie das Aufkommen der ersten synthetischen Fasern um 1900 und die stärkere Bedeutung der Baumwolle.

Beim Übergang von der Agrar- zur Industriegesellschaft reduzierte sich der Einsatz tierischer und menschlicher Kraft allmählich durch Technisierung und Mechanisierung. Mähen und Dreschen des Korns waren die ersten Aktivitäten, die in größerem Stil mechanisiert wurden. 1910 erschien der erste dt. Zugschlepper. Bis dahin spielten Kühe (in Realerbteilungsgebieten) sowie Ochsen (in Intensivbetrieben mit Zuckerrübenanbau) als Zugtiere eine große Rolle. Anstöße zur Weiterentwicklung von Maschinen und Geräten kamen auch durch den Einsatz von Mineraldünger und dem damit verbundenen tieferen Pflügen als es bisher der Fall war. Der Kauf zahlreicher Maschinen in Ostpreußen 1911-1913 führte zur Intensivierung der ostpreußischen LW (Verbilligung der Arbeit, Ausgleich des sich verschärfenden Arbeitskräftemangels).

Bis zum 1. Weltkrieg spielte organischer Dünger (Stallmist, Fäkalien, Pflanzenreste, Gründünger) eine große Rolle. Durch den Einsatz von Mineraldünger (entdeckt durch Justus Liebig) erzielte man höhere Erträge und schaffte damit, als auch mit der Einführung von Hackfrüchten, eine bessere Futtergrundlage. Das 1913/14 bestehende Nährstoffverhältnis erfuhr durch die zunehmende Düngermenge eine beträchtliche Verengung. Um die Jahrhundertwende hielt in Deutschland der Pflanzenschutzgedanke Einzug in die Landwirtschaft.

 

Regulierte Agrarwirtschaft während des 1. Weltkrieges

 

Diese Zeit war gekennzeichnet durch Versorgungsprobleme der Bevölkerung und einer Verknappung an Betriebsmitteln, Düngemitteln sowie Arbeitskräften. Dies führte zu einschneidenden staatlichen Maßnahmen, welche sich in verschiedenen Gesetzen und Verordnungen äußerten. Die Ödlandkultivierung rückte ins Blickfeld, und es wurden mehrere Kriegsverordnungen zur Ausdehnung der Anbaufläche und zur Ertragssteigerung erlassen (z.B. November 1914 – preußische Verordnung über die Bildung von Genossenschaften zur Bodenverbesserung von Moor, Heide u.ä. Ländereien).

Ohne Betriebsleiter war eine Bewirtschaftung der Betriebe nicht möglich. Deshalb wurden bereits eingezogene Gutsbesitzer und landwirtschaftlichen Beamte aus dem Heer wieder nach Hause geschickt. Zeitweilig stellte man ganze Truppen für den Ernteeinsatz zur Verfügung. Weiterhin spielte die Jugendhilfe eine große Rolle. Was zunächst als freiwillige Aktivitäten begann, endete in der gesetzlich festgelegten Hilfsdienstpflicht. Den Arbeitskräftemangel versuchte man auch mit russischen Kriegsgefangenen auszugleichen. In den klein- und mittelbäuerlichen Betrieben erhielten die Altenteiler, Frauen und Kinder die Produktion aufrecht. Aber hier kam es aufgrund mangelnder Kenntnis im Umgang mit der einzusetzenden Technik häufig zu Ausfällen und erhöhtem Verschleiß derselben, was sehr schwer oder gar nicht zu beheben war.

 

Bodennutzung/Pflanzenproduktion, Viehwirtschaft, Mechanisierung/Chemisierung

 

Aufgrund des Arbeitskräftemangels dehnte sich das Brachland aus, und die bestellte Ackerfläche ging zurück; z.T. wurden Ackerflächen in Dauergrünland umgewandelt. Außerdem kam es zur Umstellung der inländischen Bodenproduktion: ertragsarme Kulturen (Getreide) wurden durch ertragsreiche Kulturen (Kartoffeln) ersetzt. Der Rückgang von Getreide- und Zuckerrübenflächen ermöglichte die Expansion anderer Pflanzen (Klee, Luzerne, Lupine, Futterhülsenfrüchte, Gründüngungshülsenfrüchte und Speiseerbsen). Der Ölsaatenanbau wuchs durch fördernde behördliche Maßnahmen an, und die Gespinstpflanzen erlangten eine besondere Bedeutung wegen eines erhöhten Bedarfs an Textilstoffen jeglicher Art. Das hatte die Gründung zweier Kriegsgesellschaften zur Folge: die Kriegsflachsbaugesellschaft mbH und die Hanfbaugesellschaft mbH.

Der Rinderbestand verringerte sich relativ gering, aber der Milchertrag und das Schlachtgewicht nahmen aufgrund ungenügender Fütterung ab. Einen dramatischen Rückgang erlebte die Schweinehaltung. Denn Kartoffeln und Getreide wurden zur Versorgung der Bevölkerung benötigt, was 1915 zur behördlich angeordneten Schweineschlachtung führte.

Der Rückgang von Arbeitskräften machte den verstärkten Einsatz von Maschinen und Geräten erforderlich. Der Rückgang des Viehbestandes hatte eine Verminderung der Stallmisterzeugung zur Folge, die auch nicht durch vermehrten Einsatz mineralischen Düngers ausgeglichen werden konnte. Die Kartoffelkrautfäule verursachte den Zusammenbruch der Versorgung der Bevölkerung mit Kartoffeln, was sich im bekannten Steckrübenwinter äußerte. Der Kartoffelkäfer trat immer wieder in großen Schwärmen auf und mußte noch mühsam von Hand abgesammelt werden. So wurde eine Weiterentwicklung der Pflanzenschutzes notwendig.

 

Agrarwirtschaft in der Weimarer Republik

 

Die Gebietsabtretungen nach dem Versailler Vertrag umfaßten ca. 13% der Fläche von 1913; davon 14,3% landwirtschaftlichen. Nutzfläche – darunter 15,5% Ackerland. Mit Posen und Westpreußen verlor man große Ackerflächen, mit Nordschleswig ein wichtiges Rindviehzuchtgebiet und mit Elsaß -Lothringen gutes Ackerland sowie ein wichtiges Kalilager. Die Einwohnerzahl reduzierte sich ebenfalls drastisch (um 9,7%). Somit bestand Anfang der 20er Jahre ein wesentlich kleinerer Produktions-, Wirtschafts- u. Lebensraum im Vergleich zu 1913.

Diese Epoche läßt sich in drei Abschnitte gliedern:                                                                                                                                                           

 

Übergangswirtschaft 1918-23:

 

Bekanntmachung über den Verkehr mit landwirtschftl. Grundstücken;

Verordnung zur Neuregelung der ländlichen Arbeitsverhältnisse, -zeit, -bedingungen, Entlohnung;

Reichssiedlungsgesetz, Pachtschutzordnung, Gesetz über die Bildung von Bodenverbesserungsgesellschaften;

Erlaß des Reichspräsidenten betreffs der Einrichtung eines Reichsministeriums für Ernährung und LW Damit begann der Übergang von reiner Ernährungspolitik zu aktiver Agrarpolitik

 

Wiedereingliederung in die Weltwirtschaft – Beginn der Agrarschutzpolitik 1924-29

 

Gesetze (u.a. über die Gewährung von Darlehen und Krediten);

schrittweise Annäherung an das Zollschutzsystem der Vorkriegszeit;

wichtige Veränderungen in institutioneller Hinsicht

 

Agrarpolitik nach der Weltwirtschaftskrise bis Ende 1932

 

Ausgleich zwischen den Interessen der Produzenten, Händler, Verarbeiter, Konsumenten;

partieller Agrarschutz unter Aufhebung der Bindungen an Weltmarktpreise (stark angestiegene Zölle als wesentlicher Bestandteil);

Gründung des Reichsverbandes der dt. landwirtschaftlichen Genossenschaften - Raiffeisen e.V. – Damit wurde die jahrzehntelange Zersplitterung im dt. Landwirtschaftlichen Genossenschaftswesen und der Richtungsstreit über Dezentralisation oder Zentralisation beseitigt.

Einen besonderen Stellenwert hatte die Osthilfe ® Osthilfegesetz von 1931.

Im Osten (Ostpreußen, Pommern, Brandenburg) waren Großbetriebe mit Getreide- bzw. Hackfruchtanbau vorherrschend.

Die Pacht spielte auch nach dem Krieg weiterhin eine große Rolle (Reichspachtschutzordnung von 1920 zum Schutz gegen unangemessene Pachtbedingungen). In der Besitz- u. Eigentumsstruktur kam es bis 1933 zu beachtlichen Verschiebungen (rechtliche Grundlage durch das Reichssiedlungsgesetz 1919; innere Kolonisation; Zwangsversteigerungen).

 

Bodennutzung/Pflanzenproduktion, Viehwirtschaft, Mechanisierung/Chemisierung

 

Die Ackerfläche hat sich bis 1928 ständig erweitert. Einen wesentlichen Anteil daran hatte die Ödlandkultivierung. Wichtigstes Ziel: eine vom Ausland möglichst unabhängige Lebensmittelversorgung. Dafür war eine Abstimmung der Verbrauchs- u. Erzeugungsmöglichkeiten notwendig. Das Getreide (Roggen, Hafer, Weizen, Gerste) nahm stets den größten Anteil ein. Es folgten der Hackfruchtanbau (Kartoffeln in der Fruchtfolge) und die Futterpflanzen (Klee, Kleegrasgemenge) als die drittgrößte Nutzpflanzengruppe. Mit der Züchtung von Süßlupinen bahnte sich eine Umstellung im Anbau an. Ein radikaler Rückgang der Brachfläche zeigt die Entwicklung von extensiver zu intensiver Flächennutzung ebenso, wie der Rückgang der Ackerweideflächen. Auch die Hülsenfrüchte gingen zurück, und die Selbstversorgung machte die Ausdehnung von Raps, Rüben, Flachs und Hanf erforderlich. Die steigende Obstnachfrage ließ auch hier die Anbaufläche ständig zunehmen. Durch Neupflanzungen und Umpfropfungen erzielte man bessere Qualitäten und neue Sorten.

Die zwischenzeitliche Reduzierung der Rinderzahl durch die Gebietsabtretungen konnte mehr als ausgeglichen werden. Auffallend war die starke Zunahme der Milchviehhaltung, begünstigt durch relativ günstige Marktpreise milchwirtschaftlichen Produkte. Züchtungsfortschritte und verbesserte Fütterung (eiweißhaltiges Kraftfutter) führten zu einer Leistungssteigerung der Milchkühe; das Milchkontrollwesen hatte ebenfalls einen großen Anteil daran. Bei der Schweinehaltung kam es zu einer Standortverlagerung (Zunahme im Osten durch Kartoffelverwertung, Abnahme im Nordwesten durch schwierigere Futtermitteleinfuhr). Die Schafhaltung nahm weiterhin rapide ab (Überseekonkurrenz; Meliorationsmaßnahmen ® Wegfall von Weidegebieten). Eine zunehmende Bedeutung erlangte die Geflügelhaltung.

Trotz der Ablieferung von 130.000 Maschinen nach dem Versailler Vertrag schritt die Mechanisierung weiter voran. Die Abwanderung von Arbeitskräften in die Industrie bei einem stark verminderten Potential traditioneller Saisonarbeitskräfte sowie die Verteuerung der menschlichen Arbeitskraft in der LW (tendenzieller Ausbau des Sozialstaates) machte eine zunehmende Mechanisierung auch notwendig. Der Einsatz moderner Agrartechnik war aber nur bei zusammenhängenden Flächen sinnvoll, so daß der Kleingrundbesitz benachteiligt war. So kam es zu ersten Aktivitäten einer Zusammenarbeit bei der gemeinsamen Nutzung von Maschinen. Trotz verschiedener Neuerungen (Traktor bzw. Schlepper, Mähbinder aus den USA, Buchtenhaltung in der Schweinezucht, Melkmaschine, Elektrozaun) konnte noch nicht von einer durchgreifenden Veränderung in der LW gesprochen werden. Da der ausgelaugte und verunkrautete Boden nach dem Krieg nur noch geringe Erträge lieferte, spielte die Düngung eine große Rolle. Mit zunehmendem Kunstdüngereinsatz begann eine Intensitätssteigerung in der LW und eine revolutionäre Entwicklung, die wesentlich schneller verlief als im Bereich der Mechanisierung und Technisierung.

 

Die Zeit des Nationalsozialismus 1933-1945

 

Das Dritte Reich war die Zeit der totalitären Agrarpolitik. Für die Nationalsozialisten besaß der Bauernstand innerhalb des Staates eine zentrale Funktion. Der dt. Bauer sollte der Repräsentant der dt. Lebenskraft und somit der dt. Zukunft sein. Er sollte durch zahlreichen und gesunden Nachwuchs den Bestand des dt. Volkes sichern, dem dt. Volk die Nahrungsfreiheit schaffen, welche als wesentliche Freiheit angesehen wurde. Grundlage der neuen Agrarpolitik waren das Reichsnährstandsgesetz und das Reichserbhofgesetz von 1933; letzteres stand im Mittelpunkt der Neuordnung des Bodenrechts. In der Präambel des Reichserbhofgesetzes heißt es: „Die Reichsregierung will unter Sicherung alter deutscher Erbsitte das Bauertum als Blutsquelle des deutschen Volkes erhalten. Die Bauerhöfe sollen vor Überschuldung und Zersplitterung im Erbgang geschützt werden, damit sie dauernd als Erbe der Sippe in der Hand freier Bauern verbleiben.“ Als Erbhöfe galten land-, u. forstwirtschaftliche Betriebe mit mindestens einer Ackernahrung (damals = 7,5 ha); Höchstmaß sollten 125 ha sein. Die Erbhöfe mußten geschlossen vererbt werden (Anerbenrecht), männliche Erben hatten den unbedingten Vorzug gegenüber weiblichen Nachkommen. Es wurden zahlreiche Verbote (z.B. Besitzteilung, Besitzveräußerung, finanzielle Belastung und Verpachtung) zur Erhaltung agrarwirtschaftlicher und agrargesellschaftlicher Strukturen festgelegt. Das Reichsnährstandsgesetz schuf die Voraussetzungen für eine einheitliche und geschlossene Organisation der Landwirtschaft. Das Führerprinzip (Befehlsgewalt nach unten – Verantwortung nach oben) beherrschte die gesamte Organisation vom Reichsbauernführer bis zum Ortsbauernführer und von dort bis zum letzten Bauernhof. Das wesentlichste Ziel war die Autarkiepolitik, die teilweise als Vorbereitung einer Kriegsernährungswirtschaft zu verstehen ist. Die Bauern sollten als „Soldaten in der Erzeugungsschlacht“ ihre Pflicht tun. Moore und Ödland wurden urbar gemacht, Neuland an Küsten gewonnen, Weideland in Ackerland umgebrochen, ertragreichere Früchte angebaut und die Verwendung von Düngemitteln propagiert; alles zur Ertragssteigerung in der landwirtschaftlichen Produktion. Dazu wurde 1934 eben die „Erzeugungsschlacht“ eingeleitet. Unter anderem ging es auch um die Steigerung der tierischen Produktion auf wirtschaftseigener Futterbasis (Erweiterung des Hackfruchtanbaus, Aufnahme des Anbaus von Öl- u. Futterpflanzen). Die Importe von Nahrungs- u. Futtermitteln gingen drastisch zurück unter dem Motto: „Nutze den Boden arbeitsintensiv und erzeuge, was dem deutschen Volk fehlt.“ (Hauser in Eckart, 1936). Alle Teilbereiche des Produktionssektors wurden reglementiert: Saatgut, Technik, Pflanzenschutz, Schädlings- u. Seuchenbekämpfung. Außerdem gab es finanzielle Anreize (Steuer- u. Zinsvorteile, Kredite). Mit dem „Postulat der wirtschaftlichen und militärischen Aufrüstung Deutschlands“ bei der Verkündung des Vierjahresplans im Herbst 1936 wurde eine neue Phase in der nationalsozialistischen Agrarpolitik eingeleitet. Die Erzeugungsschlacht bekam eine wesentliche Ergänzung: zur maximalen Produktionssteigerung kam die Forderung der höchstmöglichen Verwertung einschließlich der Neben- und Abfallprodukte. So ergaben sich wichtige Aufgaben für die Ernährungswirtschaft auf dem Gebiet der Qualitätsforschung. Während des 2.Weltkrieges kam es zu einer öffentlichen Bewirtschaftung der wichtigen landwirtschaftlichen Produkte. Die „Erzeugungsschlacht“ wurde zur „Kriegserzeugungsschlacht“. Im Ergebnis gesehen war die Versorgung der Bevölkerung im 2.Weltkrieg besser als im 1.Weltkrieg (organisierte Produktion, Rationalisierung und Verteilung der Nahrungsmittel).

 

Die landwirtschaftliche Entwicklung in der DDR von 1945 bis 1989

 

Am Anfang stand die Forderung nach Grund und Boden seitens der Arbeiter und Bauern.

Aus diesem Grund rief am 11.06.1945 die KPD, unterstützt durch die sowjetische Besatzungsmacht, zur demokratischen Bodenreform auf dem Gebiet der ehemaligen DDR auf. Im Zuge dieser Reform wurden im Verlauf des Jahres 1945 sämtliche Großgrundbesitze mit einer Größe von über 100 Hektar und die Besitze der Kriegsverbrecher enteignet und unter Landarbeitern, Umsiedlern und Kleinbauern  aufgeteilt. Ziel der Bodenreform war es, die sozial - ökonomische Struktur der Landwirtschaft zu verändern. Es sollten städtische Versorgungsunternehmen zur Produktion von Nahrungsgütern entstehen, vor allem jedoch wollte man die geistigen und kulturellen Rückstände in den Dörfern überwinden. Mit der Wiederzulassung von Genossenschaften wurde Ende 1945 eine weitere wichtige Grundlage zum Wiederaufbau der Landwirtschaft geschaffen. Dabei wurde das Genossenschaftsnetz im Jahre 1946 vollständig wiederhergestellt, wobei die Zahl der Mitglieder dabei den Vorkriegsstand überstieg. Im Unterschied zur BRD, wo Genossenschaften die ökonomische Selbständigkeit ihre Mitglieder fördert, wurden in der DDR Produktiongenossenschaften errichtet. Darunter verstand man eine Zusammenschlußform von Mitgliedern unter Integration privater Eigenwirtschaften mit der Vorgabe, den Plan zu erfüllen und sich dabei der jeweils höheren Institution zu unterstellen.                                                                            Auf etwa 3% der Fläche des durch die Bodenreform entstandenen Bodenfonds entstanden etwa 500 VEG (Volkseigene Güter). Diese galten als Vorreiter für die Schaffung sozialistischer Produktionsverhältnisse. Die Agrarpolitik der SED verfolgte vorrangig zwei Ziele. Zum einen sollte die Produktion der Land-, und Nahrungsgüterwirtschaft ihre Effektivität kontinuierlich erhöhen, um so eine stetige Verbesserung der Versorgung mit Nahrungsgütern und Rohstoffen zu erreichen, anderseits wollte man schrittweise die Lebensbedingungen auf dem Land denen der Stadt anpassen. Die Mittel dazu sah man in der Schaffung industriemäßiger Produktionsmethoden, verbunden mit der Entstehung des volkswirtschaftlichen Agrar - Industrie Komplexes. Darunter verstand man die Vergesellschaftung der Produktion und den Aufbau von Kooperationsbeziehungen.  

Der bedeutendste Entwicklungsschritt war das Gesetz über die landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaften aus dem Jahre 1959. Mit diesem Gesetz wollte die SED eine absolute Vergesellschaftung der landwirtschaftlichen Produktion erreichen. Dieses damals ehrgeizige Unterfangen wurde bis Ende 1963 vollständig umgesetzt. Es entstanden 3 LPG - Typen, welche sich in der Intensität an eingebrachtem landwirtschaftlichem Privateigentum in die Genossenschaft unterschieden. Der Typ 3, in welchem die Bauern sämtliches Vieh, Acker und Gebäude einbrachten sollte sich bis 1989 komplett durchgesetzt haben. Dieses Gesetz bedeutete den endgültige Übergang zum „Demokratischen Zentralismus„ welcher sich durch eine zentrale Leitung und Planung der Landwirtschaft, mit Eigenverantwortung und unter eigener Initiative und Aktivität der Bauern auszeichnete. Mit der Einrichtung der LPG und zunehmender Intensivierung  kam es ab 1963 zu sogenannten kooperativen Verbänden. Deren Merkmal war die Zusammenfügung und koordinierte Erfüllung von Funktionen und Teilfunktionen, bei ökonomischer und rechtlicher Selbständigkeit der kooperierenden Unternehmen. In der DDR geschah dies jedoch nicht auf freiwilliger Basis, sondern wurde verordnet. Mit dem letzten LPG - Gesetz von 1982 wurden die Kooperationsbeziehungen als ein wichtiger Wesenszug der Agrarpolitik herausgestellt.  

Seit dem 8. Parteitag vom Juni 1971 wurde die Intensivierung dann zum ausschlaggebenden Faktor für das Wirtschaftswachstum in der DDR. Die materielltechnische Basis war 1971 geschaffen, zu industriemäßigen Produktionsmethoden in der Landwirtschaft überzugehen. Für die Landwirtschaft hieß das, die Bevölkerung noch besser und effektiver mit Nahrungsmitteln zu versorgen und der Industrie die benötigten Rohstoffe zur Verfügung zu stellen. So kamen 67,5% des Primäraufkommen an Rohstoffen in der DDR aus der Landwirtschaft. Der Wirtschaftsbereich Landwirtschaft erwirtschaftete bis 1989 das zweithöchste Nettoprodukt aller Wirtschaftsbereiche der DDR. Es wurde außerdem beschlossen, daß im Verlauf der weiteren Intensivierung die Faktoren Chemisierung, Melioration, Bildung, Züchtung, Lagerung und Konservierung sowie die Mechanisierung von primärer Bedeutung sein sollten. Den positiven Erfolgen der Intensivierung, wie Ertragssteigerungen und der hohe Deckungsgrad an Rohstoffen und Nahrungsmitteln standen jedoch auch negative Auswirkungen gegenüber. Im der Folge der Zusammenlegungen von LPG- en (1960: 19313, 1988: 3855) entstanden überdimensionale Ackerschläge durch Melioration von Niedermooren und Umwandlung von Grünland in Ackerland. Hecken und Feldgehölze verschwanden, was Umweltschäden wie Wind-, und Wassererosion sowie einen starken Artenrückgang zur Folge hatte. Außerdem stieg die Gefahr von Schädlingsbefall auf solchen Äckern enorm. In der Folge setzte man in der DDR Flugzeuge zu Schädlingsbekämpfung ein, was auf Grund der schlechten Dosierbarkeit der Mittel eine starke Eutrophierung der Landschaft und eine Überdüngung der Seen und Flüsse zur Folge hatte.

Insgesamt ist zu bemerken, daß es während des gesamten Entwicklungszeitraums enorme soziale Veränderungen auf den Dörfern gab. Die Dörfer erhielten ein völlig neues Gesicht. Dabei muß jedoch zwischen den 3 Dorftypen A,B und C unterschieden werden. Die A- Dörfer waren am besten entwickelt, da in ihnen der LPG Typ 3 angesiedelt wurde, Wohnungsbau und Infrastruktur sich entwickelten und die Jugend von diese Dörfer angezogen wurde. Die B- und C- Dörfer erfuhren eine geringere Entwicklung, oftmals drohte hier eine Vergreisung. Insgesamt ist jedoch festzustellen, daß in allen Dörfern die Lebensqualitätstieg, der Handels-, und Dienstleistungstandard angehoben, soziale Unterschiede abgebaut und die Bildungsunterschiede überwunden wurden. Diese Entwicklungen erfolgten in einem für DDR-Verhältnisse hohem Schrittmaß.

Die Abbildung 13 gibt einen graphischen Überblick über dieses Thema.

 

Abb. 19: Wandlungen der landwirtschaftlichen Eigentums- und Betriebsstrukturen in der DDR (nach Düsterloh 1975); aus: G. Henkel 1995

Die landwirtschaftliche Entwicklung nach 1989

 

Nachdem sich die vorherigen Teile ausführlich mit der Entwicklung der Landwirtschaft unter den jeweiligen politischen Einflüssen beschäftigt haben, soll dieser Abschnitt die Verhältnisse der Gegenwart und die Einflüsse der Europäischen Union als zentrales Problem der modernen Landwirtschaft aufzeigen. Weiterhin soll in diesem Rahmen ein Modell für eine sinnvolle Nutzung der Landwirtschaft für alle Beteiligten vorgestellt werden, insofern dieses in diesem Bereich durchführbar ist.

In Brandenburg werden, trotz der nährstoffarmen Bodenverhältnisse, heute immer noch die unterschiedlichsten Feldfrüchte, angefangen von Weizen bis hin zu Zuckerrüben, angebaut, wobei sie jedoch schon in großen Flächenbestandteilen durch Ölfrüchte z.B. Öllein, Sonnenblumen und Raps ersetzt werden. Zu einem weiteren Schwerpunkt der Landwirtschaft gehört in diesem Gebiet weiterhin der Obst- und Gemüseanbau.

Im Bereich der Tierproduktion erstreckt sich das Band von Milchvieh hin bis zu Geflügel und Kaninchen, wobei hier keine besonderen Tendenzen festzustellen sind.

Mit dem politischen Umbruch nach 1989 ergab sich auch für viele ehemalige DDR - Betriebe, in der Landwirtschaft ein neues Bild. So standen sehr schnell neue Möglichkeiten der Land- und Tiernutzung durch technische Neuerungen offen, die zusammen mit der Möglichkeit, besseres Saat- und Futtergut zu verwenden, ein neues Leistungsbild ergab. Dieses war zwar nicht förderlich für die ländlichen Strukturen, das größere Problem ergab sich jedoch aus anderen Begebenheiten. So fehlte den Betreiben die nötige Eigenkapitaldecke, um schnell Maßnahmen ergreifen zu können, die ein rentables Wirtschaften möglich gemacht hätten, und zum anderen drängte die Frage nach dem Alteigentum, die in ihrer Regelung noch offen war. Zwar hatte man die Eigentumsfrage bezüglich der Neubauern relativ schnell zu deren Gunsten geregelt, jedoch waren in dieser Regelung noch nicht die Flächen berücksichtigt, die den Genossenschaften direkt gehörten, womit sich eine investitionshemmende Rechtsunsicherheit ergab. Weiterhin ergab sich aus der schon geregelten Eigentumsfrage das Problem, daß die Produktionsgenossenschaften für die von ihnen genutzten Flächen die in der Landwirtschaft üblichen langfristigen Pachtverträge abschließen mußten, was in vielen Fällen dazu führte, daß die Eigenkapitaldecke noch weiter geschwächt wurde und damit viele Betriebe noch weiter überschuldeten. Damit gingen und werden auch in Zukunft einige Betriebe dieser ursprünglichen Größenordnung zugrunde gehen, was unweigerlich zu einer weiteren Landflucht beitragen wird. Betrachtet man diese Vorgänge jedoch aus der Distanz und unter Berücksichtigung der politischen Maßnahmen, so wird deutlich, warum an dieser Stelle der Staat nicht eingreift. Zwar gibt es ausreichend Maßnahmen durch das MELF in Brandenburg, die dieser Tendenz entgegen wirken sollen, jedoch wird anhand der Durchführung dieser Maßnahmen deutlich, daß sie nur zur Retusche dienen und in der Hauptsache einem anderen Konzept folgen, nämlich der Agenda 2000. So heißt es zum Beispiel in einer Broschüre zu Maßnahmen der Dorferneuerung zum Thema Bedeutung der Landwirtschaft: “...  Der brandenburgische Weg der ländlichen Entwicklung besteht darin, daß zeitgemäße, der spezifischen Bedingungen der Region angemessene landwirtschaftliche Betriebsgrößen zu schaffen sind, die in Zukunft den ländlichen Raum prägen werden. Dabei kommt der Rationalisierung eine zentrale Bedeutung zu. Gleichzeitig werden standortgerechte Nutzungen die Betriebsorganisation bestimmen. Neben der  Landwirtschaft wird aber auch jede andere vernünftige Form der Wirtschaft auf dem Lande gefördert.“ [MELF 1993].  Diese Aussage hört sich zwar in dieser Form gut an, da sie dokumentiert, daß das MELF darum bemüht ist, die Landwirtschaft und den Lebensraum Dorf zu unterstützen, was sich auch in einigen Maßnahmen widerspiegelt, jedoch zielt sie in der Hauptsache auf die Agenda 2000 hin, was in dem Nachsatz : “ Neben der Landwirtschaft wird auch jede andere vernünftige Form der Wirtschaft auf dem Lande gefördert.“ deutlich wird. Er besagt zwar in erster Linie, daß man auch andere Arbeitsplätze schaffen will, um die Landflucht zu verhindern, jedoch läßt das Wort „vernünftig“ dabei den Rückschluß zu, daß hiermit in erster Linie die weiterverarbeitende Industrie für landwirtschaftliche Produkte gemeint ist, die die Versorgung der Region sicherstellen soll. Im folgenden werden die wichtigsten Aussagen der Agenda 2000 ausgeführt:

 

„eine Erweiterung der Europäischen Union um die mittel-, und osteuropäischen Länder reibungslos ermöglichen.

die Verhandlungen der kommenden Welthandels -Runde (WTO) erleichtern

die Finanzierung der Europäischen Union auf sichere Beine stellen

und die Agrarpolitik der EU den Marktbedingungen anpassen.“

 

Sicherlich ist dieses keine wertfreie Darstellung der Agrarreformen, läßt aber dennoch ein wesentliches Ziel der Politik durchscheinen, nämlich eine tragfähige Landwirtschaft zu erhalten, die nicht abhängig von Zuschüssen ist und absatzmarktorientiert produziert. Man will also eine Produktion, die sich am Weltmarkt orientiert und für die regionalen Bedürfnisse produziert, anstatt für die sogenannte Butterhalden zu produzieren. Betrachtet man unter diesen Voraussetzungen die Situation in Brandenburg, so stellen sich die Maßnahmen des MELF anders dar, als ursprünglich angenommen, und auch die schlechte Lage der landwirtschaftlichen Großbetriebe ergibt im weiteren Sinne einen Zweck. Man strebt nämlich Betriebe in einer Größenordnung von 200 - 500 Hektar an, die ihren Absatz an den regionalen Markt anpassen und dadurch unabhängig von staatlichen Subventionen werden, was zum jetzigen Zeitpunkt nicht der Fall ist. So gibt es zum Beispiel konkrete Maßnahmen, die die Selbstvermarktung und andere Nutzungsformen, wie zum Beispiel nachwachsende Rohstoffe, fördern sollen, welche die Landwirtschaft in Brandenburg wirtschaftlich tragbar machen sollen. Der „Hof 2000“, wie er an dieser Stelle genannt werden soll, wird sich entweder mit der rentablen Produktion von landwirtschaftlichen Erzeugnissen beschäftigt, die er selbst absetzen kann, oder der mittelständischen Industrie zuarbeiten, die sich in Brandenburg im Schwerpunkt mit der Produktion von Ölerzeugnissen von nachwachsenden Rohstoffen oder der Produktion von hochwertigen Textilien beschäftigen wird. Da dieses aber nicht mit großen Betrieben durchführbar ist wird  sich die Lage der Landwirtschaft vermutlich vorerst weiter verschlechtern und die Landflucht sich weiter fortsetzen, bis die Landwirtschaft soweit heruntergefahren ist, das man sie neu nach den oben erwähnten Schritten gliedern kann.